Ein erstes Testspiel ist wie ein erstes Date. So hat es Coach Harris vor dem Auftritt im Hasper Ufo formuliert. Die Vorfreude ist da. Die Aufregung. Es ist ein Abtasten mit einem Gegner, mit dem es im Verlauf der Saison mindestens zwei Wiedersehen geben wird. Du willst dich von deiner besten Seite präsentieren. Gegenüber dem anderen Team. Gegenüber den eigenen Fans, die voller Vorfreude in die Halle strömen. Gegenüber Freunden und Familie. Aber vor allem auch gegenüber den Jungs, die mit dir auf dem Feld stehen.
Es geht weniger darum, den anderen unbedingt gefallen zu wollen oder zu müssen. Es geht um den Fokus auf die Dinge, die dir selbst wichtig sind. Die dich als Person, die das Team als Ganzes in den kommenden Monaten auszeichnen sollen. Verlässlichkeit, Einsatz, Loyalität, positive Körpersprache, Aufmerksamkeit. „Lasst uns füreinander da sein“, formuliert Coach es in seiner Kabinenansprache. Es geht weniger um das Playbook, sondern um die Kultur, die 2023/2024 geschaffen – und vor allem: gelebt – werden soll!
Hush, little baby, don’t say a word
And never mind that noise you heard
Dann geht es raus. Warmup. Auf der Gegenseite das Team aus Paderborn. Nette Jerseys. Phoenix spielt in Wende-Trikots – die offizielle Präsentation des neuen Zwirns steht noch aus. Hier und heute wird gearbeitet. Ehrlich angepackt. High Fives hier, ein Klaps auf den Hintern dort. Blicke wandern umher, suchen Halt und Sicherheit. Schnell noch ein Schluck Wasser, um den Kloß im Hals runter zu spülen. „Hey Rookie, enjoy your first show as a pro. New chapter in the book of life is about to open now“, wird es Brock Mackenzie zugeworfen. Stummes Kopfnicken. Dann geht es raus. Mannschaftsvorstellung. Aus den Boxen dröhnen die Altvorderen von Metallica. Als „Enter Sandman“ anno 1991 erscheint, hat noch keiner der Spieler das Licht der Welt erblickt. Die zeitlose Energie des Songs überträgt sich in der Gegenwart dennoch auf die Jungs.
Und wird in Form von defensiver Galligkeit sichtbar. Trotz schwerer Beine wird der ballführende Spieler meist über das ganze Feld gejagt. Paderborn rennt immer wieder gegen eine Phoenix-Verteidigung an, die wie ein Gartenzaun … äh, eine Mauer steht. Das erste Date verläuft super. Die Jungs kommunizieren untereinander. Miteinander. Nach erfolgreichen Aktionen sowie nach Fehlern. Die Chemie stimmt. Dann ist Pause.
Now I lay me down to sleep
Pray the Lord my soul to keep
Durchpusten. Kraft tanken. Einen Riegel, eine Banane essen. Genug trinken. Bis alle sitzen, wird in der Kabine wenig geredet. Dafür macht jeder die Runde und klatscht ab, ehe er sich hinsetzt. Dennis Nawrocki erhebt zuerst die Stimme. Der Veteran hat den Platz in der Ecke, von wo aus er alle im Blickfeld hat. Kurzer Austausch über die Geschehnisse der ersten Halbzeit. Devonte McCall ergänzt. Es herrscht Einigkeit über das Gesprochene. Dann tritt Coach durch die Tür. Lässt sich ein schnelles Update darüber geben, was bereits Thema war. Ergänzt. Hat fünf schnelle Punkte auf seinem Taktikbrett, die er dem Team mit auf den Weg gibt. Und: „Unser erstes Date ist noch nicht vorbei. Jetzt sind wir an dem Punkt, wo einer auf Toilette geht und sich die Frage stellt, wie es anschließend weitergeht. Ist der Tisch plötzlich leer? Oder knüpfen wir daran an, was war?“
Kurz ist der Rhythmus weg. Wenig verwunderlich. Paderborn kann auch Basketball spielen. Natürlich. Doch die Phoenix-Werte bleiben bestehen. Good defense leads to easy offense. Jeder bringt das ein, was er kann. Spielt mit und für den anderen. Mackenzie läuft heiß – also bekommt er den Ball. Lennart Boner ackert am Brett – also wird er dafür mit weiteren Touches belohnt. Devonte McCall setzt defensive Ausrufezeichen, die zu guter Transition führen – also zeigen nach dem Abschluss viele dankbare Finger auf ihn.
Nach Abpfiff viele lachende Gesichter. Ein gutes erstes Date, da sind sich alle einig. Nicht mehr, nicht weniger. Eines, das gezeigt hat, in welche Richtung es gehen soll. Eines, auf das sich aufbauen lässt. Welcher Song auch immer dann gespielt werden mag…